Osterlob für diese Nacht
Osterlob für diese Nacht
Bald ist es wieder soweit: in der Osternacht wird es überall erschallen „Frohlocket!“ – „Exsultet!“
In diesem Jahr für mich ein schwer zu singendes Lob.
„Auch du freue dich, Mutter Kirche, umkleidet von Licht und herrlichem Glanze!“
Ja, ich glaube, dass unsere Kirche von diesem Licht Gottes umgeben ist –
doch in ihr kommt wenig davon an, verdunkeln wir viel.
„Töne von des Volkes mächtigem Jubel.“
Jubel angesichts all dessen, wovon unsere Kirche in den letzten Monaten durchgerüttelt wurde?
Ich hab da einen dicken Kloß im Hals.
„Dies ist die Nacht, die auf der ganzen Erde alle, die an Christus glauben,
scheidet von den Lastern der Welt, dem Elend der Sünde entreißt …“
Schön wär’s, denke ich. Schön wär’s, wenn der Glaube an Christus
uns wirklich allem, was nicht dem Leben dient, entreißen würde.
Wie viele von uns – auch ich!? – bekennen Christus
und hängen doch noch an dem, was zum Heil völlig untauglich, aber uns trotzdem lieb ist?
„O unfassbare Liebe des Vaters: Um den Knecht zu erlösen, gabst du den Sohn dahin!“
Sterben für die Freiheit.
Mit den Nachrichten und Bildern vom Krieg im Kopf plötzlich sehr greifbar.
Unerbittlich. Kaum erträglich.
„Der Glanz dieser heiligen Nacht nimmt den Frevel hinweg, reinigt von Schuld,
gibt den Sündern die Unschuld, den Trauernden Freude.“
Eine einzige Nacht nimmt allen bösen Willen aus der Welt.
Wer zur Trennung beigetragen hat, gehört wieder zur Gemeinschaft.
Wer bisher geweint hat, kann wieder lächeln.
Ein Traum. Wäre er doch schon wahr!
„Weit vertreibt sie [die heilige Nacht] den Hass, sie einigt die Herzen und beugt die Gewalten.“
Eine einzige Nacht schafft Raum für Frieden und Liebe.
Eine einzige Nacht bringt herzliche Einigkeit.
Eine einzige Nacht schenkt echte Freiheit.
Verheißung pur. Wäre sie doch schon da!
Ich habe in den letzten Wochen das Exsultet oft meditiert,
dieses Lob auf das kleine Licht der Osterkerze inmitten der Dunkelheit.
Seit über 1500 Jahren in der Osternacht gesungen. Zu allen Zeiten, im Frieden, im Krieg, bei Seuchen.
Eine zur Realität erklärte Illusion? Manchmal schien es mir so. Jedoch:
„… die Kerze [leuchte] fort, um in dieser Nacht das Dunkel zu vertreiben. […]
Sie leuchte, bis der Morgenstern erstrahlt,
jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht: […] unser Herr Jesus Christus …“
Ganz am Schluss des Lobgesangs wird mir klar:
er singt von der Hoffnung, von Noch-nicht-aber-ganz-bald,
er tönt beharrlich davon, was Gott für das Leben, die Erde und auch unsere Kirche möchte.
Er klingt nach geduldigem Zuwarten: in dieser Nacht vertreibt diese Kerze das Dunkel.
Jetzt. Lass es zu. Und vertrau darauf, dass dir in der nächsten Nacht das Licht wieder leuchten wird,
immer wieder, bis das Dunkel für immer dem Licht des Himmels weicht.
Mit diesem Blickwinkel werde ich das Osterlob neu singen, neu hören:
als Lobgebet voller Sehnsucht.
Für jetzt, für diese eine Nacht. Und in der morgigen Nacht wieder …